Nebelflor

von Annette Juretzki

Inhaltswarnungen
Tod, Blut und Verletzungen, bewaffnete
Auseinandersetzung, Leichen, Frauenfeindlichkeit

Wie ein Geist entsteigst du dem Nebel dieses trägen Morgens, der nur Licht statt einer Sonne kennt. Alle sehen zu dir auf. Selbst die Knienden erheben sich, um weniger schutzlos zu sein. Sie weichen zur Seite, als du dich dem Leichnam näherst. Noch immer spricht keiner ein Wort.
Der Mann ist jung gewesen, mit dunklem Haar und breitem Kinn. Die Kleidung besteht aus Filz, wie ihn hier alle tragen, und die großen Hände sind schwielig von der Arbeit. Er hätte jungen Frauen gefallen können, doch das ist nicht, worauf du achtest. Seine Kehle ist zerfetzt und lässt sogar den bleichen Halswirbel hervorscheinen. Aber darüber hinaus ist sein Leib unberührt, keine anderen Wunden zeichnen ihn.
„Das war kein Tier“, sprichst du ohne aufzusehen und spürst doch Misstrauen. „Ein Tier springt nicht an die Kehle, ohne zumindest die Brust zu zerkratzen. Gab es mehr Opfer?“ Du stehst auf und siehst die Männer an. Nur die zornigen halten deinem Blick stand.
„Was geht dich das an?“, platzt es aus dem Ersten heraus. „Was machst du hier?“, springt ihm ein Zweiter bei und auch ein Dritter findet zu seinem Mut: „Was weiß eine Frau schon von Wunden?“
Du bleibst so ruhig wie der Fels im Sturm; wie du es immer tust, wenn die Männer um dich herum beben und zetern. Es hat keinen Sinn, gegen den Orkan anzuschreien, also wartest du auf die Stille im Auge des Sturms: „Ich bin hier, um euren Geist zu fangen.“
Und dann bricht das Gewitter über dir zusammen.
Sie rufen Hexe, beschuldigen dich – wie üblich – schwarzer Magie und des Mordes an drei jungen Männern. Das reicht dir und du legst behutsam die Hand auf die Axt an deinem Gürtel. Schlagartig zieht der Sturm vorbei und bringt den Winter auf ihre Gesichter.
„Drei hat sich der Geist also schon geholt. Wer hat ihn dabei beobachtet?“ Noch nie hat man dir auf diese Frage von selbst eine Antwort geschenkt. Stets musst du sie in den ausweichenden Blicken suchen, die verzogenen Mundwinkel erkennen und auch die rastlosen Finger zu deuten wissen, die Hemdzipfel kneten.
Der unruhigste Mann steht hinter den anderen und selbst im Sturm ist er deinen Blicken ausgewichen. „Wie sah er aus?“, rufst du ihm zu und seine Augenlider senken sich beschämt. Du hast den Richtigen ertappt.
„Sie …“ Die anderen weichen zurück, damit keiner mehr zwischen euch steht. „Es ist eine Frau.“ Länger hält er es im Korridor nicht aus und verlässt gesenkten Hauptes die Menge. Du willst hinterher, doch ein Älterer mit eingefallen Wangen und schütterem Haar stellt sich in deinen Weg. Um seinen Hals liegt eine Kupferkette, die ihn vermutlich zu etwas Besonderem macht. „Wer bist du?“ Seine Stimme trägt mehr Verwunderung als Aggression.
„Ich bin Korja, und ich werde mit dem Geist verschwinden“, sagst du.

Du betrittst die Hütte, ohne zu klopfen, und er beschwert sich nicht. In der Kochnische flackert ein kleines Feuer, das vielleicht einen Topf, aber kaum den Raum wärmen kann. Du setzt dich zu ihm auf den Boden, und ihr starrt gemeinsam in die Flammen.
„Wer ist sie?“
„Sie … war Finna.“
„Gab es einen Mörder?“
„Ja.“
„Wen?“
Er zieht die Knie an, vergräbt das Gesicht in seinen Armen.
„Ihr wisst es nicht?“
Er blickt noch immer nicht auf. „Wir fanden sie vor vier Wochen am Wald­rand. Jemand hatte ihren Kopf so hart gegen einen Baum geschlagen, dass der Schädel gebrochen war.“
„Hatte sie auf jemanden gewartet?“
„Ja.“ Endlich sieht er dich an. Das Feuer lässt die braunen Augen rötlich glühen. „Auf mich.“
„Hast du sie erschlagen?“ Deine Stimme klingt unsicher, als fürchtest du, er gestände. Du streckst den Rücken gerade durch, um dein Zögern zu überspielen.
„Wir wollten heiraten … Viele hatten um ihre Hand angehalten, aber mich erwählte sie.“ Seine Augen beginnen zu glänzen, und du schaust an ihm vorbei, denn er verbirgt es nicht. „Diese Nacht hätte unsere erste sein sollen, aber ich war noch nicht bereit dazu. Also ließ ich eine Lilie an unserem Baum zurück, statt Finna zu treffen. Die Blüte als Unterpfand meiner Liebe. Am nächsten Morgen, als wir unsere Verlobung bekannt geben wollten, fanden wir sie tot.“
Er weint, und du verschränkst unsicher die Arme vor der Brust. Du weißt, wie man Männer besiegt, aber hast nie gelernt, sie zu trösten.
„Wann hast du ihren Geist gesehen?“ Deine Frage zerschneidet die Wehmut des Moments und verhilft ihm zu neuer Beherrschung.
„Zum ersten Mal an ihrem Grab. Ich lege jeden Morgen eine Lilie nieder, doch vor sechs Tagen wollte ich früh mit dem Karren zum nächsten Dorf aufbrechen, weshalb ich sie nachts aufsuchte. Nebelschwaden betteten ihr Grab und Raureif kroch über die Erde. Und dann sang der Wind das Lied vom kleinen Bächlein, wie es Finna stets gesungen hatte. Ich legte schnell die Blüte nieder und wollte laufen. Als ich mich umdrehte, stand sie da, bleich wie der Mond. Ihr Kleid war zerrissen, graues Blut tropfte aus ihrem Kopf und zerfiel am Boden zu Asche. Sie griff nach mir, aber ich wich aus. Dann schrie sie so schrill, dass ich dachte, der Himmel würde zersplittern. Ich rannte heim und …“ Wieder verbirgt er sein Gesicht und du erwachst aus deiner Faszination; hattest kaum gewagt zu atmen, während er sprach.
„Und dann?“ Deine Frage klingt harsch, denn Schwäche macht dich unruhig. Du willst endlich gehen.
„Dann verkroch ich mich unter meiner Decke und weinte.“ Er schluckt schwer. „Am nächsten Morgen fanden sie Jurge tot am Bach. Er war der Erste. Und seitdem höre ich jede Nacht, wie sie einen Toten bringt. Und nie traue ich mich hinaus, wenn sie singt, damit ich nicht der Nächste werde.“
Du nickst, auch wenn er dich nicht sieht. „Wer waren die anderen Toten?“
„Alles Verehrer, die sie abwies. Vor jedem Tod erschien sie mir, und der Wind sang ein anderes Lied. Doch selbst, wenn ich sie nicht sehe, spüre ich sie an meiner Seite, als würden kalte Lippen meinen Nacken küssen.“
Du streichst mit der Hand über deinen eigenen Nacken, doch legst sie rasch zurück in den Schoß. Die Kälte schwindet nicht, nur weil sie sich teilt. Nur Ablenkung bedeutet Wärme, deshalb sprichst du wieder: „Vermutlich weiß sie nicht, wer sie erschlagen hat. Deshalb holt sie sich nach und nach die Verdächtigen.“
„Aber weshalb quält sie mich, bevor sie ihre Rache vollbringt?“
Er sieht zu dir, doch du stehst auf und streckst deine steifen Beine zu neuem Leben. Seine Augen haben die Glut verloren, und durch die Tränen glänzt die Haut rot und geschwollen. Er wirkt so warm. Du ballst die Hand zur Faust, denn du willst ihn berühren, doch du gehst stattdessen zur Tür. Als du im Türrahmen stehen bleibst, blickst du nicht zurück. „Vermutlich will sie, dass du ein Mann bist und sie selbst rächst.“ Die Worte schmerzen, als du sie sprichst, denn du weißt es besser.

Der Friedhof liegt so weit abgelegen, dass du das Dorf kaum noch am Horizont erkennst. Morsche Holztafeln ragen wie Gebeine aus dem Boden, als wollten sich die Toten neu erheben. Nur ein Grab ist mit Lilien geschmückt, von einer straffen Blüte bis zum faulenden Flor. Du kniest dich nieder und findest Asche, die sich mit der Erde mischt. Vorsichtig lässt du die Asche in ein Beutelchen rieseln.
Als du dich zum Gehen wendest, siehst du die Blüte hinter einer Tafel verborgen, als hätte sie der Wind herübergeweht. Doch ihre weißen Blätter sind ausgerissen und in den Boden getrampelt. Du reibst eines zwischen deinen Fingern und fühlst die kräftige Struktur. Die Lilie ist erst diesen Morgen gepflückt worden.
Mit grüblerischem Blick steckst du den Blütenfetzen ein und wanderst zurück. Du glaubst schon lange nicht mehr an Zufälle, wenn es um Menschen geht.

Im Dorf haben sich Männer versammelt und ihre Klingen und Knüppel mitgebracht. Der erste zeigt auf dich, kaum dass dein Schatten die Hütten berührt. „Da ist die Hexe, die uns verflucht hat!“ Dann rennen sie los, und du greifst dir die Messer, die in dem Lederband stecken, das über der Hose um deinen Schenkel gespannt ist.
Mit den ersten verfehlst bewusst ihre Köpfe, um die Klingen im Holz der Hütten zu versenken. Doch die Männer verwechseln die Warnung mit Glück und rennen schneller. Also lässt du die nächsten Messer in Beine dringen. Die vordersten Angreifer schreien auf, stürzen und werden zu Stolpersteinen für die, die danach kommen.
Die Menge lichtet sich. Zuschauer und Kämpfer suchen Schutz hinter den Hütten. Einer findet zwar den Mut, eines der Messer zurückzuwerfen, doch es verfehlt dich in weitem Bogen und versinkt im Schlamm.
Am Ende sind es nur noch drei, die dich erreichen und doch respektvollen Abstand halten. Du ziehst deine Axt und bist bereit für ihren feigen Männermut.
Du drehst dich aus der Reichweite des Knüppels, wodurch er in deinen Rücken gerät, und greifst nach dem Arm des Dolchkämpfers. Mit dem Schaft zerschmetterst du seine Hand, damit sie sich öffnet, und rammst dabei die stumpfe Seite deines Axtblattes gegen den Schädel des Knüppelträgers, der dir wieder zu nah gekommen ist. Er taumelt rückwärts, während das Blut aus seiner Nase quillt. Du lässt die gebrochene Hand los und wendest dich dem zu, der noch übriggeblieben ist.
Aber dieser steht nicht dort, wo du ihn vermutest. Leise hat er dich umkreist, um dir das Schwert zwischen die Rippen zu stoßen. Du spürst die Warnung, als sie deinen Nacken wie ein kühler Windhauch küsst, und drehst dich um. Gerade noch rechtzeitig, damit die Klinge an deinem Wams abgleitet, statt es zu durchdringen. Mit einem harten Kopfstoß treibst du den Kerl fort, sodass es auch an deiner Stirn wummert. Doch er ist schnell wieder zum Angriff bereit und auch du hebst die Axt, um Blut zu vergießen.
„Nein, auseinander!“ Du kennst die Stimme, die deinen Kampf stört. Für einen schwachen Moment willst du lächeln und verweigerst dich doch.
Er rennt direkt zwischen euch, schützt die anderen Männer mit seinem Leib, als glaube er, du würdest dich nicht gegen ihn wenden. „Liskolf, Korja, senkt die Waffen!“
Du schenkst ihm einen trotzigen Blick, doch verharrst.
„Ich habe den Ältesten überzeugt, dass du hierbleiben darfst, bis Finna endlich schläft.“ Sein Blick ist sanft wie seine Stimme, doch deine Augen verengen sich, denn du glaubst ihm nicht.
„Was hast du mit ihr zu schaffen, dass du den Ältesten gegen uns aufwiegelst?“ Liskolf stellt auch deine Frage, nur wählt er andere Worte.
„Ich schulde Finna mehr als nur Lilien im Morgengrauen und du liebtest sie doch auch! Willst du nicht für ihr Seelenheil einstehen?“
Liskolf blickt wütend, doch senkt die Klinge. Seine Lippen formen Worte, aber er spricht sie nicht aus.
„Komm mit mir, Korja, dann können wir beraten, was zu tun ist.“ Er lächelt, und du lässt dich von deinen Gegnern fortlocken, auch wenn der Kampf lediglich ruht. Kaum ein Mann lässt eine Frau über sich siegen.
Er führt dich wieder in seine Hütte, wo er einen Topf über das Feuer hängt. Dann setzt er sich an den Tisch, schält Kartoffeln und schneidet sie klein, als hätte er niemanden neben sich. Sein Schweigen ist dir unangenehm, sodass du die Hände unter der Holzplatte knetest. Doch erst nachdem er die Knollen ins kochende Wasser geworfen hat und an den Tisch zurückgekehrt ist, wagst du endlich zu sprechen: „Du hast gelogen.“
„Ich war beim Ältesten.“
„Und, was sagte er?“
Er lacht auf. „Dass man eine frigide Jungfer ins Kloster stecken sollte, statt ihr einen Axtstiel in die Hand zu drücken. Kein Wunder, dass sie auf dumme Gedanken kommt.“ Sein Lachen erlischt in Verzweiflung. „Er will einen Priester holen, der Finna austreibt. Sie sei unrein gewesen und wolle sich nur vor dem Höllenfeuer retten.“
„Warum hast du gelogen?“
Er starrt dich fassungslos an. „Hätte ich denn zulassen sollen, dass du sie alle abschlachtest? Wen Finna nicht kriegt, den holst du dir?“
Du gehst zum Topf, um die Suppe umzurühren; um ihn nicht anzusehen. Es ist schon lange her, dass du einem Mann begegnet bist, der dich weder bekämpfen noch beschützen wollte. Du hast vergessen, was es noch zu sagen gibt, wenn du nichts zu beweisen hast.
Er folgt dir und legt seine Hand auf deine Schulter, nur um sie gleich wieder fortzunehmen, als du aufsiehst. In deinen Augen spiegelt sich Reue. Du misstraust Nähe und vermisst sie doch.
„Ich weiß, dass du den Kampf nicht begonnen hast.“ Er nimmt dir den Löffel ab und rührt selbst. „Liskolf mag keine Fremden – oder einfach alles, was er nicht kontrollieren kann.“
„Er wird wiederkommen.“
„Vermutlich. Aber zum Glück hat dein Axtstiel auch ein Blatt.“ Er lächelt und du erwiderst es. Dann schweigt ihr beide und diesmal ist es friedlich.
„Kannst du Finnas Seele retten?“ Seine Stimme wird ernst.
„Nur, wenn der Mörder stirbt. Aber ich kann ihre Gestalt zerstören, damit sie selbst nicht mehr mordet.“
Er sieht enttäuscht aus, als er zwei Schüsseln holt. Ihr schweigt wieder, als ihr nebeneinander esst.
„Was geschieht mit ihr, wenn sie keine Gestalt mehr hat?“ Diesmal wagt er es, direkt zu dir zu blicken.
„Sie bleibt als Schemen in der Welt, ohne Teil von ihr zu sein. Sie wird sehen können und still wandern, aber niemandem mehr erscheinen können.“
„Du schickst sie also auch in die Hölle?“
Wie recht er doch hat! Aber das kannst du dir nicht eingestehen. „Wenn ich sie nicht aufhalte, werden mehr Männer sterben.“
„Sie hat Frieden verdient!“
Als ob es auch nur eine Frau gibt, die bekommt, was sie verdient! Entweder wird es ihr geraubt, oder sie raubt es der Welt. „Du hast recht. Aber wenn ich ihr keinen Frieden schenken kann, dann diesem Dorf zumindest Sicherheit.“
Er lässt den Löffel fallen und schüttelt wirsch den Kopf. „Du bist also gar nicht hier, um ihr zu helfen.“
„Ich bin hier, um euch zu helfen.“ Denn du hast dich entschieden, die Lebenden über die Gerechtigkeit zu stellen, auch wenn es nur die wenigsten von ihnen verdient haben. So wie du es nicht verdient hattest.
Mit verschränkten Armen mustert er dich und du wirst nervös. „Woher wusstest du, dass du hier einen Geist finden würdest?“
Diese Frage folgt dir wie dein Schatten von Ort zu Ort und stets weichst du ihr aus. Doch heute ist etwas anders. Vielleicht ist er anders.
„Ich kann die Ruhelosen spüren. An manchen Tagen ist es so kalt, als würden mich alle verlorenen Seelen dieser Welt anstarren. An anderen ist es nur dieser Frost, der meinen Rücken hinabfließt und mich so in eine Richtung treibt.“
Sein Blick wird unendlich traurig und verliert jeden Vorwurf. „Hast du sie schon immer gespürt? Warst du noch nie allein?“
Du warst dein ganzes Leben lang allein. Beinahe zumindest. „Es begann, als ich die erste Gestalt erschlug.“ Du stehst auf, denn sein Blick macht dich schwach und unsicher. „Ich bereite deine Hütte vor, falls der Geist heute Abend kommt, und dann überlässt du ihn mir. Sonst wirst du nie wieder allein sein.“ Du nimmst dir eine leere Schüssel und schüttest die Asche hinein. „Kannst du mir eine Lilie bringen?“
Er steht auf, ohne nach dem Grund zu fragen. An der Tür dreht er sich noch einmal um. „Warum fragst du mich nicht nach meinem Namen?“
Du starrst auf dein Häufchen Asche, als bedürfe es jeder Konzentration. Erst als er hinausgeht, wagst du, die Augen zu schließen und tief einzuatmen.

Der Abend schleicht sich rasch heran und bedeckt die Welt mit Finsternis. Du streichst die Paste aus Asche und Blütenblättern behutsam über die Schneide deiner Axt und hoffst, dass die Lilie bedeutend genug für den Geist ist. Jede Seele wirft Anker in diese Welt und diese Ketten machen sie verwundbar. Wenn du dich irrst, bringt die Nacht einen neuen Tod.
Dein Gastgeber ist schweigsam gewesen, seit er mit der Blüte zurückgekehrt ist, und seine Stille zerrt an dir. Du erträgst die Nähe dieses Mannes nicht und vertraust ihm dennoch. So sehr erinnert er dich an einst, dass du fliehen willst. Doch dein Körper flieht nie.
„Ich bin Garvir.“
Du blickst irritiert auf.
„Ich weiß, warum du nicht fragst. Finna ist ein namenloser Geist für dich, und ich bin bloß der Narr, der sie liebte. Aber ich will nicht, dass wir beide nur Schemen sind, die du vergisst, wenn du fortgehst. Ich bin Garvir und liebte Finna. Wir verdienen es, Namen zu tragen.“ Er blickt dich entschlossen an und lässt dein Herz schneller schlagen. Du willst etwas erwidern, doch deine Lippen haben vor langer Zeit vergessen, die richtigen Worte zu formen, also gehst du auf ihn zu. Es fröstelt dich in seiner Nähe, aber du fühlst dich geborgen; ein altbekanntes Gefühl. Du verträgst keine Wärme mehr.
„Garvir, ich …“ Erst jetzt fällt dir der Raureif auf, der den Tisch erklimmt. Erste Nebelschwaden kriechen in den Raum. Schnell greifst du zur Axt, da pfeift auch schon der Wind durch jedes Löchlein. Du kennst seine Melodie; es ist das Lied der wahren Liebe, die jedes Äon überdauert. Du hattest es selbst zur Hochzeit gesungen. Fenster und Türen klatschen den Takt.
Und dann durchschreitet sie die Holzwand, als bestünde das Häuschen selbst nur aus Nebel. Sie glänzt hell wie Sternenlicht, doch ihre Schönheit ist fahl. Du stellst dich ihr in den Weg, doch ihr verzweifelter Blick gilt nur ihrem Geliebten. Sie hebt die Arme, um nach ihm zu greifen, denn heute holt sie ihre wahre Liebe zu sich.
Du greifst sofort an. Erst als du ihre Gestalt zerteilst, als wäre sie nur aus Rauch geschaffen, beachtet sie dich. Ihr silberner Glanz färbt sich rot und die grazilen Finger wachsen zu schwarzen Krallen. Mit einem gellenden Schrei stürzt sie sich auf dich und du schlägst erneut nach ihr. Sie faucht, versucht deine Kehle zu greifen, aber erwischt nur den linken Arm. Du ignorierst den Schmerz und attackierst unermüdlich, bis ihre verzweifelte Gestalt blass wird. Asche rieselt aus ihren Wunden und bedeckt den Boden. Gleich ist es geschafft.
Garvir schreit auf. Sofort blickst du zu ihm und siehst ein verhülltes Wesen über ihm stehen, das seine blutige Kralle aus Garvirs Fleisch zieht. Du erstarrst. Kalte Geisterklauen graben sich in deine Schulter und diesmal schreist du auf. Dennoch schlägst du nicht zurück, sondern rennst zu Garvir, der wie leblos am Boden liegt.
Das Wesen wendet sich dir zu, und du erkennst Liskolfs hassverzerrtes Gesicht, als er sogleich zum Schlag ausholt. Du reißt die Axt hoch – zu langsam. Er zieht dir seine Kralle über die Brust, die sich durch dein Wams hindurch ins Fleisch schneidet. Drei gebogene Messer sind auf einem Gestell an seine Hand gebunden und er führt diese fremdartige Waffe gekonnt. Keuchend lässt du dich zurückfallen und bereitest deinen nächsten Angriff vor. Aber er ist geschickter als deine üblichen Gegner, du kannst nur seinen Arm streifen, während sich seine Klingen in dein Bein schlagen. Du stolperst und fällst auf ein Knie, kannst den Angriff mit der Waffe blocken, doch die Wucht reißt dich um. Er tritt auf deinen Arm, als du vor ihm liegst, damit du die Axt nicht mehr rühren kannst. Du willst ihn treten, doch das schmerzende Bein gehorcht dir nicht.
Er grinst auf dich herab, als er zum Angriff ausholt. Und erstarrt. Schwarze Finger haben sich um seinen Hals gelegt, er ringt nach Luft und dreht sich zum tiefroten Schemen um, der sich langsam aus der Wand löst.
Liskolfs Verwunderung währt nicht lang. Mit der linken Hand packt er Finna an den Haaren und schlägt ihren Kopf immer wieder gegen das Holz, bis von ihr nichts bleibt als ein Häufchen dunkler Asche. Der Mörder ist stets der größte Anker in dieser Welt und in seinen Händen ist ein Geist fragil wie Lilienblüten.
Aber die Zeit reicht dir, um dich zu erheben, und als er sich siegessicher umdreht, wird er von deiner Axt begrüßt. Du spaltest seine Schulter, sodass er die Kralle nicht mehr heben kann. Er bäumt sich dennoch auf, rammt dich mit seinem Körper, aber diesmal verlierst du nicht den Halt. Die Axt kommt auf seinem Rücken nieder, und er blickt ungläubig zu dir auf, als du mit einem letzten Schlag den Hals durchtrennst. Du kamst, um einen Mörder zu vernichten, und das hast du getan. Müde sinkst du zu Boden und fühlst deine Wunden pochen. Dennoch schleppst du dich zu Garvir, der zusammengesackt an der Wand lehnt. Deine Hand zittert, als du nach seinem Hals greifst. Und dann lächelst du.

Der Morgen blickt golden durch die Fenster, als Garvir endlich erwacht. Du hast eure Wunden genäht und deine Sachen gepackt. Eigentlich ziehst du wortlose Abschiede vor, aber diesmal wartest du.
„Finna?“ Seine Stimme klingt schwach, dennoch bist du erleichtert.
„Erlöst – und sie war keine Mörderin. Sie wollte dich nur warnen. Liskolf tötete alle Konkurrenten, bis du dich selbst als Finnas Auserwählten verraten hast.“
Er lächelt kurz, doch wird dann ernst. „Du … gehst?“
„Ich habe keine Lust, für Liskolfs Tod gerichtet zu werden.“
„Er hat uns angegriffen.“
„Das wird mir niemand glauben. Das tun sie nie.“ Du schließt kurz die Augen. Dein grimmiger Ton tut dir leid.
„Diesmal schon. Ich werde für dich sprechen. Bitte, bleib.“ Er lächelt, und du schluckst schwer. Für einen Moment willst du deine Tasche sinken lassen, dich an sein Bett setzen und über sein Gesicht streichen. Dich wieder erinnern, wie sich Wärme anfühlt. Die Vergangenheit ins Hier und Jetzt reißen, wo sie als Wirklichkeit wiedergeboren wird. Doch dann sehnst du die Kälte herbei, und ich gehorche meinem Anker und küsse deinen Nacken, als wäre ich noch immer ein lebendiger Teil deiner Welt.
„Nein, du gehörst Finna.“ Du reibst über die kühle Haut und richtest deinen Kragen auf.
„Finna ist nun frei, also bin ich es auch“, flüstert er, doch du willst glauben, der Wind pfeift ein Lied zwischen den Ritzen.
Du wendest dich ab und verlässt das Dorf, um dich zum nächsten Geist treiben zu lassen. Und ich führe dich auf eine neue Fährte. Vielleicht verstehst du dieses Mal, dass man die Toten ziehen lässt. Oder du findest den Tod, der uns beide erlöst.

Feuer – Lena Richter

Kurzgeschichte von Lena Richter

Inhaltswarnungen
Verletzungen, Blut, bewaffnete Auseinandersetzung, Wutanfall, Gift, Alkohol, Familienprobleme, binäres Geschlechterdenken

Am Tag, an dem ich die Amazone im Leichenhaus fand, war ich zum fünfzehnten Mal von zu Hause weggelaufen. 
Die Wut hatte mich vor sich hergetrieben wie der Sturm einen Schwarm Drohnenvögel treibt, hatte meine Schritte durch die Hinterhöfe, Barackensiedlungen und Häuserruinen gelenkt, bis ich schließlich in der dunklen Stille des Leichenhauses wieder zu mir kam. Es war das letzte Gebäude innerhalb der Stadtgrenze von Vilas. Ich war so weit gelaufen, wie es mir möglich war.

Die Wut in mir war ein Monster mit zu vielen Tentakeln. Sie schnürten meinen Magen zusammen, ließen meinen Körper vor Zorn zittern, ballten meine Hände zu Fäusten und ließen sie gegen Wände schlagen und Tische umwerfen. Sie würgten Worte aus meiner Kehle hervor, hasserfüllte Worte, die wie Pfeile durch den Raum flogen und ihr Ziel in den betroffenen Augen meiner Väter fanden, in dem zusammengepressten Mund meiner Schwester. Ich wusste nicht, wie ich das Monster zähmen konnte. Ich konnte nur die Scherben aufsammeln, wenn die Tentakel mich aus ihrem Griff entlassen hatten. Jedes Mal hoffte ich, dass es das letzte Mal gewesen wäre, dass ich das nächste Mal stärker wäre als das Monster. Aber wenn es grollend in meinem Herzen erwachte und den Puls in meinen Ohren dröhnen ließ, wusste ich, dass ich verloren hatte. Also lief ich weg. Es war das einzige, was mir einfiel, um noch mehr Schaden zu verhindern. Ich sah seit Wochen die stumme Trauer in den Augen meiner Familie. Jedes Kind kannte die Geschichten von der Wut, die manche Menschen im jungen Alter befiel wie eine Krankheit und sie zu Ausgestoßenen machte, unfähig, mit anderen zusammenzuleben. Als mein vierzehnter Geburtstag kam und ging, waren wir angespannt und misstrauisch gewesen, aber nichts war passiert. Die Zeit der Sonne verbrachten wir glücklich. Einmal kaufte Vater frisches Fleisch und Gemüse von einem der Kehalassi, der fahrenden Händler, die das Land auf ihren Schrottstieren durchquerten. Papa grillte das Essen hinter dem Haus, während Zirti und ich einen Erdbeerapfel penibel in vier Teile schnitten. Als die Sonne hinter den Ruinen der alten Öltürme versank, aß jeder von uns sein Viertel in schweigendem Genuss. Ich konnte den Geschmack noch auf der Zunge spüren, als die Zeit der Ernte anbrach. In wenigen Wochen wurde ich einen Kopf größer, meine Stimme sackte nach unten und in mir erwachte die Wut. 

Dass ich nicht allein war, bemerkte ich zu spät. Wenn das Monster in mir zur Ruhe ging, ließ es mich zutiefst erschöpft zurück. Ich lehnte mich gegen die dicken, kühlen Wände des Leichenhauses und fühlte meinen Herzschlag flacher und langsamer werden. Erst als mein eigener Atem leise genug war, hörte ich, dass ich nicht der Einzige war, der atmete. Jemand war hier. Jemand atmete flach und gepresst, vermischt mit einem kehligen Wimmern. Es war dunkel im Inneren des Gebäudes, denn auch wenn hier schon lange keine Toten mehr aufgebahrt wurden, hatte niemand je die Notwendigkeit gesehen, mehr oder größere Fenster in die Wände zu setzen. Einen Moment lang verharrte ich lauschend. Eigentlich war klar, was zu tun war. Zwei leise Schritte zurück zur Tür, dann nach draußen rennen und nicht anhalten, ehe der bewohnte Bereich von Vilas erreicht und ich in Sicherheit war. Ich könnte sogar Meldung bei SUN machen und berichten, dass jemand hier war. Vielleicht versteckte sich eine Person hier, die ein Verbrechen begangen hatte, oder ein Technimal, oder ein wildes Tier aus der Kleinöde. Vielleicht würde ich eine Belohnung bekommen. Vielleicht wären meine Väter dann wieder stolz auf mich.
All dieses Hätte-Wäre-Wenn schoss mir durch den Kopf, als ich den ersten Schritt in den Raum machte. 

Zögerlich zog ich eine Hand voll Glühstaub aus meiner Tasche und pustete ihn in die Luft. Im fahlblauen Leuchten, das nach wenigen Sekunden von ihm ausging, sah ich in der Ecke des Raumes eine Gestalt auf einer zerschlissenen Matratze liegen. Das Leichenhaus diente manchmal den Armen und Ausgestoßenen als Unterschlupf für ein paar Nächte, ebenso wie hier zwischendurch die älteren Jugendlichen mit AnimalHop und AntCider ihre Partys feierten, auf die ich noch nie eingeladen worden war. Leichen hatten hier jedenfalls keine mehr gelegen, seit damals das Verbrennen der Toten gesetzlich vorgeschrieben wurde, nachdem ein paar Hundert Untote die Bucht von Salaro überrannt hatten. Ich kannte die Geschichte. Ich hatte ein Holospiel dazu, das Zirti und ich gespielt hatten, wenn wir allein zu Hause waren. Unsere Väter hätten es sofort aus dem Haus verbannt, aber die Zombies in dem Spiel waren nicht besonders gruselig und zu zweit auf sie zu schießen machte Spaß. Trotzdem wünschte ich, die Geschichte mit den lebenden Leichen wäre mir nicht gerade jetzt wieder eingefallen. Aber als ich im heller werdenden Leuchten des Staubs endlich erkannte, wen ich gefunden hatte, vergaß ich alle anderen Geschichten. Alle außer die von Arimena Alar.

Geschichten waren das Größte für mich. Mir war egal, ob sie aus elektronischen Büchern stammten, aus den alten Magazinen, die ich als Dämmung in den Wänden unseres Hauses entdeckt hatte, aus den Gute-Nacht-Geschichten meiner Eltern oder aus den Holospielen, für die Zirti und ich wochenlang Kupfer sammelten und Rattenfallen leerten. Die Geschichten ließen die Alte Welt wieder lebendig werden, ließen mich als Seefahrer über die Meere ziehen, die damals noch nicht ausgetrocknet gewesen waren. Sie erzählten von den glitzernden Lichtern der Orbitalstationen, dem Letzten Krieg und seinen Heldentaten, von mutigen Frauen und gewitzten Männern, mit denen ich mitfieberte. Aber keine Geschichte liebte ich so sehr wie die von Arimena Alar, der Amazonenkönigin. Sie war die Heldin Dutzender Filme und AniComics ebenso wie die Titelfigur der Feuerkönigin-Trilogie, die ich mindestens zehnmal von vorne bis hinten durchgespielt hatte. Zu meinem achten Geburtstag hatte Vater mir aus Stoffresten einen blau-goldenen Umhang geschneidert, wie Arimena ihn in den Filmen trug. Ich war überglücklich und trug ihn beim Spielen mit den anderen Kindern, bis er nach einem Jahr nur noch in Fetzen hing. Die neidischen Blicke meiner Freunde und Freundinnen waren fast noch besser gewesen als das Geburtstagsessen. Ich träumte davon, so mutig und frei wie die Königin der Amazonen zu sein, so wie kleine Kinder es eben tun. Dass ich nur ein Junge war, war mir gleich. Und dass der Krieg der Amazonen gegen die letzten Heerscharen der Alten Welt nicht nur ein erfundenes Märchen war, erfuhr ich erst später, als Papa ein Schul-Holo über alte Geschichte aufgetrieben hatte. Ich wollte sein wie Arimena Alar mit ihrem flatternden Umhang, dem goldenen Haar und der riesigen Schwertmuskete, die auf ihrem treuen Gefährten Geronimo, dem schnellsten der Sturmtapire, Heldentaten vollbringt.

Die Frau auf der Matratze sah nicht aus wie Arimena Alar. 
Natürlich erkannte ich sie sofort als Amazone, denn ihre Arme und Beine waren in eng anliegende Kleidung aus Schuppenseide gehüllt. Leicht und biegsam und doch hart wie Stahl. So hieß es in den Geschichten, aber aus dem rechten Bein der bewusstlosen Frau ragte ein Bolzen, der fast so dick war wie mein Daumen. Über der Schuppenseide trug sie eine knielange Brünne aus Zirbelplast, voller Flecken, abgeplatzter Stellen und Dreck. Ratlos ging ich neben der Matratze auf die Knie. Die Kleidung und die neben ihr liegende Schwertmuskete zeigten eindeutig, dass die Bewusstlose zu den Amazonen gehören musste. Ich hatte gehört, dass sie in den letzten Jahren ihre Festung verlassen hatten und durch die Lande streiften. Doch sie wirkte völlig anders als die Amazonen in meinen AniComics und Spielen. Im Stehen hätte sie mich höchstens um eine Handbreit überragt. Ihre Haut war noch dunkler als meine und ihr Haar war weder golden noch wallend, sondern kurz, dunkel und ziemlich fettig. Und vor allem war sie nicht hier, um Heldentaten zu vollbringen, sondern brauchte ganz dringend selbst Hilfe. Das Blut aus der Wunde an ihrem Bein hatte schon die Matratze durchtränkt und sie hatte noch nicht einmal bemerkt, dass ich neben ihr kniete. Ihre Augenlider flatterten, Schweiß stand ihr auf der Stirn. Ich aktivierte die Lampe des alten Kommunikators, den ich ums Handgelenk trug. 3 verpasste Anrufe, zeigte das Display an, dazu die erste Zeile einer Textnachricht von Zirti. WO BIST DU, TARNIK? ICH MACHE MIR – ich wischte die Nachrichten weg und richtete den Lichtstrahl auf den Bolzen im Bein der Amazone. Es sah aus, als wäre sie in eine der Selbstschussanlagen geraten, die Vilas umgaben. Die meisten von ihnen stammten aus der Zeit des Letzten Krieges und funktionierten kaum noch. Sie musste wirklich Pech gehabt haben. So etwas war Arimena nie passiert. Ich beugte mich vor, schnupperte vorsichtig an der Wunde und roch Blut, Schweiß und den stechenden Duft von Schlangenginster. Diese Büsche wuchsen nur hier, in den Ausläufern des Gebirges, und ihr Gift haftete, einmal aufgetragen, für Jahrzehnte auf einer Klinge oder einem Bolzen. Doch auch ein Schnitt an den Dornen war giftig, ebenso wie der Blütenstaub, der die Stadt am Ende des Frühlings wie eine gelb schillernde Wolke umgab. Und genau deswegen hatte ich, wie eigentlich alle in Vilas, stets eine Dosis des Gegengifts bei mir.

Die Amazone erwachte eine halbe Stunde später. Mit einem Ruck setzte sie sich auf und tastete nach ihrer Waffe – erfolglos, ich hatte alles, mit dem sie mich verletzen konnte, außer Reichweite geschafft. Ich hatte ihr das Gegengift eingeflößt, nach einigem Zögern das scharfe Messer von ihrem Gürtel genommen und die durchgeblutete Schuppenseide um den Bolzen herum abgeschnitten. In einem der üblichen Verstecke hatte ich eine Flasche des klaren Alkohols gefunden, den die älteren Jugendlichen für ihren selbst angesetzten AntCider benutzten. In dem Zombiespiel konnte man Alkohol immer benutzen, um Wunden zu desinfizieren, auch wenn ich nicht genau wusste, wie. Letztendlich hatte ich einfach die halbe Flasche über die Wunde geschüttet. Den Rest konnte sie ja immer noch trinken, falls das der Trick dabei war. 
„Wo bin ich?“ Sie atmete schwer, sah sich um und verzog das Gesicht, als sie direkt in die Lampe meines Kommunikators schaute. Er hatte in den letzten Minuten noch zweimal einen Anruf angezeigt, aber ich konnte jetzt nicht mit meiner Familie sprechen. Was sollte ich ihnen erzählen? Dass ich eine verletzte Amazone im Leichenhaus gefunden hatte? Dass ich aus einer Laune heraus beschlossen hatte, ihr zu helfen, statt wegzulaufen, und ihr sogar mein kostbares Gegengift gegeben hatte? Vielleicht hätte ich das tun können, als noch alles gut war. Aber seit die Wut in mir wohnte, war jeder weitere Zwischenfall nur ein weiterer Keil, der zwischen mich und meine Väter getrieben wurde. 
„Du … du bist im Leichenhaus von Vilas.“ Ich war mir nicht sicher, ob ich sie anders hätte ansprechen müssen. In den Filmen über Arimena kniete das einfache Volk stets dankbar vor ihr und brachte ihr höchste Ehrerbietung entgegen. Aber da hatte sie ja auch schon zahllose Heldentaten vollbracht, während die Verletzte meine Hilfe gebraucht hatte. Kurz hatte ich überlegt, ob ich den Bolzen aus ihrem Bein ziehen konnte, aber er steckte fest in ihrem Oberschenkel und ich hatte keine Ahnung, was ich danach hätte machen sollen. Normalerweise verarztete man blutende Wunden mit Dermaglue, aber dazu hätte ich sie zu einem Krankenhaus bringen müssen. 
Ich schaltete die Lampe aus, damit sie mich besser sehen konnte. Wir saßen uns gegenüber, während der Glühstaub unsere Gesichter in blassblaues Licht tauchte. 
„Der Bolzen in deinem Bein, da war … er war mit Schlangenginster bestrichen. Gift. Ich habe dir ein Gegengift gegeben und jetzt … bist du wach“, stotterte ich. 
Ihr Blick wurde klarer, schweifte einmal durch den großen Raum. Sie nickte. 
„Danke, Junge.“ 
Ihre Stimme war leise und ein wenig kratzig. Mehr sagte sie nicht. Enttäuschung machte sich in mir breit. Ich hätte erwartet, dass sie nun erklärte, in meiner Schuld zu stehen. Ich hatte schon überlegt, um was ich sie hätte bitten können. Vielleicht hätte sie meinen Vätern erklären können, warum sie mein Gegengift gebraucht hatte. Oder sie hätte mir ihre Schwertmuskete schenken können. Eine solch seltene Waffe hätten wir verkaufen können, sie hätte meine Familie ein Jahr lang versorgt. Aber sie sagte nichts, sondern zog nur selbst eine Lampe hervor und begann ihr Bein zu untersuchen, in dem noch immer der Bolzen steckte. 

„Es gibt ein Krankenhaus hier“, sagte ich. Ich könnte sie wenigstens auf dem Weg dorthin stützen und alle in der Stadt würden sehen, dass ich es war, der die Amazone gefunden und gerettet hatte.
Aber ihre Augen verengten sich und sie schüttelte den Kopf. 
„Dort würde man mir nicht helfen. Wir sind hier nicht willkommen.“
Ich starrte sie verwirrt an. Wie konnten Amazonen irgendwo nicht willkommen sein? Sie waren doch die Heldinnen, die den Letzten Krieg beendet hatten.
„Aber … aber warum?“, fragte ich.
Die Amazone zögerte. Sie richtete die Lampe auf mein Gesicht und entspannte sich dann sichtlich. Offensichtlich war ihr klar geworden, wie ungefährlich ich war. Nur ein kleiner Junge. Ich sah zu Boden und fühlte mich wütend und verlegen gleichzeitig. 
„Entschuldige“, sagte sie dann, ihre Stimme weicher als zuvor. „Hast mir geholfen und ich habe mich nicht mal vorgestellt. Ich bin Cyrix.“ 
„Ich heiße Tarnik“, murmelte ich gen Fußboden.
„Danke, Tarnik. Du kannst jetzt gehen. Ich komme zurecht.“
„Aber … aber dein Bein! Der Bolzen steckt immer noch drin. Und warum sollte man dir im Krankenhaus nicht helfen? Du … du bist doch eine Amazone. Ohne euch wäre doch damals die Welt untergegangen!“
Sie schüttelte den Kopf und musterte mich mit einem Blick, den ich nicht einordnen konnte. Lachte sie mich aus? Oder hatte sie Mitleid mit mir?
„Der Krieg ist lange her“, sagte sie dann. „Niemand von uns beiden hat ihn miterlebt. Niemand von uns kennt auch nur eine Person, die ihn erlebt hat.“ 
Ich nickte. Die älteste Frau in Vilas war die alte Garine, doch auch sie mit ihrem schlohweißen Haar und dem Gesicht voller Falten kannte den Letzten Krieg nur aus den Erzählungen ihrer Großeltern. 
„Aber es gibt doch Geschichten“, protestierte ich. 
„Ah, Geschichten. Lass mich raten – Königin Anemona und ihre großen Taten?“
„Königin Arimena“, korrigierte ich mit Nachdruck. Wie konnte sie die berühmteste Amazone von allen nicht kennen? 
 „Das sind Geschichten, Tarnik. Märchen, die man Kindern erzählt. Nicht komplett erfunden. Aber alles andere als wahr.“
„Aber … aber die Amazonen haben doch den Krieg beendet! Alle wissen das, wir haben es in den Schul-Holos gelernt, und meine Väter haben es mir auch erzählt.“  Der Steinboden des Leichenhauses unter meinen Füßen schien zu beben. Geschichten waren das Größte. Geschichten hatten mir immer geholfen, wenn ich mich einsam oder unverstanden fühlte. Und jetzt sollten sie nichts wert sein? Etwas, das man vergisst, wenn man erwachsen wird? Ich fühlte trotz meiner Erschöpfung und Verwirrung, wie das Monster meiner Wut im Schlaf grollte.

„Ich kann dir erzählen, was ich über den Krieg weiß“, sagte Cyrix. „Aber ich weiß nicht, ob es dir gefallen wird.“ Sie begann in einer kleinen Tasche zu kramen, die an ihrem Gürtel hing. „Erst muss der Bolzen raus. Und ich muss ein anderes Versteck finden. Ich fürchte, er ist mir gefolgt.“
„Gefolgt?“ Ich hatte nicht einen Moment lang gedacht, dass sie sich die Verletzung anders zugezogen haben könnte als durch die alte Selbstschussanlage. „Wer ist dir gefolgt?“
„Ein Mann, der hinter mir her ist. Glaube nicht, dass du ihn kennst.“ Sie zog eine kleine Spritze aus der Tasche und setzte sie an die Stelle neben dem Bolzen an. „Er ist hinter mir her, seit ich in diese Gegend gekommen bin. Einer von den Erneuerern.“
„Wem?“ Davon hatte ich noch nie gehört, weder in den Schul-Holos noch in einer Geschichte.
„Ein Bündnis, das sich auf die Zeit vor dem Letzten Krieg beruft. Die Erneuerer der Alten Welt.“ Ihr Gesicht zeigte Verachtung. „Werden leider immer mehr in letzter Zeit. Sie jagen Amazonen und Technimals, erschießen vercyberte Tiere. Sind hinter jedem her, der Implantate oder Fähigkeiten hat. Wenn es nach ihnen ginge, würden sie die Alte Welt wieder aufbauen, mit ihren abgeschotteten Inseln für die Reichen, ihren Heeren und ihren Kriegsmaschinen. Und wir anderen könnten abkratzen.“ Cyrix klopfte auf ihr Bein und war offenbar zufrieden mit der Wirkung der Spritze. 
„Also, wenn du willst, dann kannst du mir helfen, diesen Bolzen rauszuziehen und dann erzähle ich dir alles, was du wissen willst. Nur nicht hier.“
Ich nickte eifrig. Anscheinend gab es eine Menge Dinge, die ich nicht wusste. Und eine echte Amazone würde das ändern. 
„Also, was soll ich – 
Die Tür flog mit einem ohrenbetäubenden Krachen aus den Angeln.

Blendend weißes Licht. 
Schrilles Pfeifen.
Harter Steinboden an meinem Gesicht, taube Finger, Schmerzen, klebrige dunkle Flüssigkeit tropfte mir in die Augen. 
Keuchend versuchte ich zu verstehen, wo ich war und was passierte. War ich bewusstlos gewesen, und wenn ja, wie lange? Wo war Cyrix?
Ich blinzelte heftig, wischte das Blut aus meinem Gesicht, noch gehorchten mir meine Arme. Ich stemmte mich hoch auf alle Viere. Hörte einen Bolzen durch die Luft sirren und an der Wand zerschellen, eine Männerstimme fluchen.
Ich atmete tief, meine Augen gewöhnten sich endlich an das Licht aus einem Dutzend tanzender Leuchtdioden, die grellweiße Kegel durch den Raum warfen. Die Matratze war leer, die Splitter des Bolzens auf ihr verteilt. Cyrix musste trotz der Verletzung ausgewichen sein. Eine große Gestalt stand mit dem Rücken zu mir, warf wütend einen Bolzenwerfer zu Boden. Wo war die Amazone? Sie konnte nicht weggelaufen sein, nicht mit dem verletzten Bein.
„Zeig dich endlich, Amazonenschlampe!“ Der Mann schien mich noch nicht bemerkt zu haben. Er zog ein langes Messer aus dem Gürtel. Wieder roch ich Schlangenginster. 
Hinter einem der Steintische, die vor langer Zeit zum Aufbahren der Leichen gedient haben mussten, bewegte sich etwas. Der Erneuerer sah es im selben Moment wie ich und sprintete los. Mit einem Satz war er über den Tisch und holte mit dem Messer aus. Im flackernden Licht sah ich, wie Cyrix seinen Arm mit ihrer Hand abblockte, sich drehte und ihren Ellenbogen in der Magengrube ihres Verfolgers versenkte. Er keuchte, ließ aber das Messer nicht los.
Mit einem Mal wurde mir klar, dass ich sie entwaffnet hatte, damit sie mir nichts tun konnte. Noch dazu war sie schwer verletzt. 
Es würde meine Schuld sein, wenn sie starb.
Dieser schreckliche Gedanke riss mich endlich aus meiner Starre. Ich krabbelte über den Boden, dorthin, wo ich Cyrix’ Messer vorhin gelegt hatte. Meine Hand schloss sich um den Griff und ehe ich mir überlegen konnte, was ich da eigentlich machte, rannte ich mit dem Messer voran auf den Angreifer zu. Er schmetterte der Amazone gerade aus der linken Hand etwas entgegen, was sich mit einem weiteren Krachen entlud. Während sie nach hinten geschleudert wurde, wirbelte er herum und hob sein Messer zur Abwehr. Ich erreichte ihn, stach nach ihm, mein Messer prallte auf seins und wurde mir aus der Hand geschleudert. Ein schneller Halbkreis seines rechten Beins zog mir die Füße weg und ich landete erneut schmerzhaft auf dem Rücken. Er wandte sich ab.

Schmerzen vibrierten durch meinen Arm und meinen Rücken. Schon wieder war Blut in meinem Gesicht. Mühsam und nach Luft ringend setzte ich mich auf, mehr aus Instinkt als mit irgendeinem Plan. Die Erkenntnis, dass ich hier und jetzt sterben könnte, erfüllte mich mit lähmender Angst. Cyrix war schwer verletzt und ich hatte dem Mann nichts entgegenzusetzen. Er würde erst sie töten und dann mich. Eine Flut von Bildern stieg in mir auf, als ich mir vorstellte, wie die SUN-Patrouille an der Haustür klingelte, um meinen Vätern von meinem Tod zu berichten. Wie Zirti weinend zusammenbrach. Wie ich nie mehr zurückkam um mich zu entschuldigen für meine Wutausbrüche und all den Kummer, den ich ihnen bereitet hatte. Tränen brannten in meinen Augen und die Angst erreichte meine Kehle, ließ mich würgen. 
In dem Moment, indem ich mich einfach wieder zu Boden sinken lassen wollte, erwachte mit lautem Grollen das Monster in mir.

Der Schrei, der durch das Leichenhaus hallte, erschreckte mich zutiefst, auch wenn ich ihn selbst ausgestoßen hatte. Ich wusste nicht, dass ich so brüllen konnte, so laut, so voller Zorn. Auf einmal war ich auf den Beinen, stürmte vorwärts. Der Erneuerer kniete über Cyrix, ein Knie auf ihrem verletzten Bein, das andere auf ihrem Oberkörper. Er führte das vergiftete Messer in Richtung ihres Halses. Ich rannte, brüllte, krachte in seine Seite. Zum dritten Mal schlug ich auf dem Boden auf, doch diesmal hatte ich ihn mit umgerissen. Ich schlug mit bloßen Fäusten in seine Richtung, erwischte ihn am Kinn, während er mir seinen Unterarm seitlich gegen den Kopf schlug. Das hier würde nicht gut enden, konnte nicht gut enden. Vielleicht hätte ich aufgeben und um mein Leben betteln sollen. Aber ein weiteres Mal hatten die Tentakel meiner Wut die Kontrolle übernommen, schlugen mit meinen Händen weiter auf den Angreifer ein.
Ich brüllte.
Und Cyrix antwortete.

Wieder traf der Erneuerer mich im Gesicht. Sterne tanzten vor meinen Augen. Ich hörte meinen Schrei, der sich mit dem der Amazone vermischte. Den Bruchteil einer Sekunde lang fühlte es sich an, als würde ich ihren Herzschlag in meiner Brust fühlen, ihre Gedanken in meinem Kopf hören. Ein weiterer Schlag gegen meinen Kopf. Schwarze Ränder zogen sich um mein Blickfeld zusammen, ich kämpfte, um bei Bewusstsein zu bleiben. Verschwommen sah ich, wie Cyrix auf die Beine sprang, der Bolzen wie vergessen. Sie brüllte immer noch, ihre Bewegungen schienen schneller zu werden, sie war heran, ehe der Mann reagieren konnte, riss ihn von mir fort. Mein eigener Schrei verstummte endlich. Die Wut verebbte, Schmerzen schossen durch jede Faser meines Körpers und alles wurde schwarz.

Als ich erwachte, lag ich auf der Matratze und Cyrix saß neben mir. Der Bolzen war aus ihrem Bein verschwunden, ein Verband angelegt. Von ihrem Verfolger war nichts mehr zu sehen.
„Was … ist … passiert?“, krächzte ich hervor. 
„Er ist keine Gefahr mehr“, sagte sie ruhig. Ich fragte mich, ob sie ihn getötet hatte. Aber das war nicht das Wichtigste, was ich wissen wollte. Mühsam rollte ich mich auf die Seite, setzte mich mit ihrer Hilfe auf. 
„Du … du bist … du hast auch …“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, was ich gefühlt hatte, als wir gemeinsam unsere Stimmen erhoben hatten.
„Ja“, erwiderte sie nur. 
„Was ist mit mir? Mit uns?“
„Wir Amazonen nennen es das Innere Feuer.“ Cyrix tippte vorsichtig mit ihren Fingerspitzen gegen meinen Brustkorb und musterte mich. Ich blickte ihr in die Augen und erinnerte mich an die Verbindung zu ihr, die ich einen Moment lang gefühlt hatte. 
„Die meisten außerhalb der Amazonenfestung haben vergessen, was es ist. Sie fürchten den Zorn, der in manchen jungen Menschen erwacht. Sie wissen, es hat etwas mit den Amazonen zu tun. Hassen uns dafür. Lassen uns nicht in die Städte, obwohl wir helfen könnten.“
„Helfen?“
„Das Feuer wird jene verzehren, die nicht lernen, es zu kontrollieren. Doch denen, die es beherrschen, wird es den Zorn und die Kräfte verleihen, gegen die zu bestehen, die diese Welt bedrohen. Du kannst es lernen.“
„Aber ich … ich bin ein Junge!“
Die Amazone schüttelte lächelnd den Kopf. „Vergiss die Geschichte von Königin Arimena. Männer, Frauen, Technimals, Vercyberte, Befähigte – das Feuer kann in jedem Menschen erwachen. Und wer es beherrscht und gegen die Kräfte kämpft, die die Alte Welt verbrennen ließen, ist eine von uns.“
Überwältigt vergrub ich das Gesicht in den Händen. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Oder denken. Oder fühlen. Aber ich wusste, dass jetzt nichts mehr sein würde wie zuvor. Die Geschichten meiner Kindheit waren gleichzeitig ferner und näher als je zuvor.

„Es gibt so vieles, was wir nicht mehr wissen“, sagte Cyrix in mein Schweigen hinein. „Wir haben vergessen, wer uns das Innere Feuer schenkte. Wir wissen nicht, ob es wieder in vielen Herzen erwachen wird, jetzt, wo die Erneuerer stärker werden und sich die Alte Welt zurückwünschen. Deswegen haben die meisten von uns die Festung verlassen. Wir suchen nach Antworten. Und nach denen, in denen das Feuer erwacht ist. So wie in dir.“
Ich schluckte. Die Vorstellung, dass noch mehr Menschen in meinem Alter allein waren mit der Wut in ihnen, ohne zu wissen, was mit ihnen passierte, war überwältigend. Und dass es noch viel mehr Leute wie Cyrix’ Verfolger gab, die mit vergifteten Messern und Bolzenwerfern Jagd auf diese Menschen machten, ließ mich vor Wut zittern.
„Ich möchte helfen!“, platzte ich heraus. „Ich will lernen, wie man dieses Feuer beherrscht. Und mit den Amazonen gegen diese Erneuerer kämpfen. Aber … aber erst musst du das alles meinen Eltern erklären.“
Ich hörte Cyrix zum ersten Mal lachen.
„Bist noch sehr jung, Tarnik. Aber wir können jede Hilfe brauchen. Bring mich zu deiner Familie.“
Als wir das Leichenhaus verließen, versank die Sonne gerade hinter den Öltürmen. Die Berge glühten rot und lange Schatten lagen in den Gassen von Vilas. Mein ganzer Körper schmerzte und Cyrix stützte mich.
Langsam gingen wir durch die Straßen meiner Heimat. 
Ich blickte auf die vertrauten Häuser, hörte in der Ferne die Musik, die aus den Bars des Großen Marktes dröhnte und roch das Essen, das an den Straßenecken verkauft wurde. Irgendwo da draußen waren Leute, die all das hier zerstören wollten. Das Monster in mir regte sich bei dem Gedanken und ließ mein Herz schneller schlagen. Das Feuer in mir erwachte erneut. 
Und zum ersten Mal hieß ich es willkommen.


Feuer ist auch in Queer*Welten Ausgabe 1 enthalten.